Problemlösungen via TV – nicht empfehlenswert!

 Es gibt diverse TV-Shows, in denen problematische Verhaltensweisen von Hunden schnell „gelöst“ werden. Dies wird durch folgende strafbasierte Maßnahmen erreicht:

  • Zischen (das physische Bestrafung ankündigt)
  • Finger in den Hals rammen
  • in die Flankengegend treten
  • und/oder andere Grausamkeiten

 

Alle Bestrafungen erfolgen zumeist unter dem Deckmantel Rangordnung oder Dominanz und machen daher einen guten (weil kurzfristig „erfolgreichen“) und logischen („Hunde gehen untereinander auch nicht sanft um“) Eindruck. Die (Todes-)Angst der Hunde, deutlich erkennbar an Körpersprache und Ausdruck der Augen, will niemand mehr sehen –> kann ja nicht so schlimm sein.

(Mehr Infos: http://www.trainieren-statt-dominieren.de/artikel/der-hundefluesterer und http://dogsinthecity.at/blog/die-h%C3%A4ufigsten-tv-mythen-um-hundeerziehung )

„Gut“ sind diese Methoden jedoch keineswegs:

Sie widersprechen

  • dem Österreichischen Tierschutzgesetz:

§ 5 Verbot der Tierquälerei

(1) Es ist verboten, einem Tier ungerechtfertigt Schmerzen, Leiden oder Schäden zuzufügen oder es in schwere Angst zu versetzen.

  •  und der Verordnung über die tierschutzkonforme Ausbildung von Hunden:
Grundsätze der Hundeausbildung 
 
§ 2. (1) Die Ausbildung des Hundes muss tierschutzkonform erfolgen. Dabei ist insbesondere zu berücksichtigen, dass keine Maßnahmen zur Anwendung kommen, die gemäß § 5 TSchG vom Verbot der Tierquälerei erfasst sind.
(2) Bei der Ausbildung des Hundes ist darauf Wert zu legen, dass
  1. ein gutes Sozialverhalten der Hunde gegenüber Menschen und anderen Hunden und eine geeignete Gewöhnung an ihre Lebens- und Trainingsumgebung gefördert werden,
  2. die Ausbildung altersgemäß ist und den körperlichen Möglichkeiten und Lernvoraussetzungen des Hundes entspricht,
  3. auf rassespezifische Eigenschaften und individuelle Eigenschaften des Hundes angemessen eingegangen wird.

 

(3) Bei der Ausbildung des Hundes ist darauf zu achten, dass sie auf den Grundlagen der lerntheoretischen Erkenntnisse aufbaut und Methoden der positiven Motivation der Vorzug vor aversiven Methoden gegeben wird.

Quelle: https://www.ris.bka.gv.at/

Auch sind diese veralteten Methoden auf keinen Fall „logisch“ – schon gar nicht für den Hund:

  • Es gibt im Rudel keine heftigst verteidigte und ständig umkämpfte Rangordnung, sondern eine Familienstruktur!
  • Die Rudelführer sind Eltern und zeichnen sich durch große Toleranz, Freundlichkeit und Fürsorglichkeit gegenüber ihren Schützlingen aus. Ihr Hauptanliegen ist es, ihnen Schutz zu bieten und dafür zu sorgen, dass es ihnen gut geht.
  • Ranghohe Tiere sind absolut souverän. Niemals gehen von ihnen unberechenbare Gewaltaktionen aus. Sie bedrohen keine Rudelmitglieder.
  • Nur im absoluten Ausnahmefall kommt es zu körperlichen Auseinandersetzungen. Wenn ein Wolf einen anderen angreift, geht es meist um Leben und Tod. Übrigens werden deshalb auch der so genannte “Alphawurf” oder das “Nackenschütteln” als Disziplinierungsmaßnahme in der Hundeerziehung vom Hund als ernsthafte Angriffe auf Leib und Leben, ja sogar Tötungsabsichten, interpretiert … mit dem Risiko entsprechender Gegenwehr – ganz abgesehen von dem Vertrauensverlust in den anscheinend unberechenbaren Menschen. Unterwerfungsgesten werden im alltäglichen Umgang mit einander immer freiwillig gezeigt und niemals erzwungen.
  • “Gehorsam” spielt in einem Wolfsrudel keine Rolle.

Quelle: http://www.spass-mit-hund.de/mehr-wissen/die-sache-mit-der-dominanz/wolfsrudel/

Derartige vermeintliche Pauschallösungen im TV großflächig zu streuen, mutiert immer mehr zu einem tierschutzrechtlichen Problem.

Im Rahmen der PetExpo 2014 in Wien fand ein Podiumsgespräch zum Thema „TV-Hundetraining-Shows im Lichte des Status quo in Österreich“ statt.

Dankenswerterweise ist die gesamte Diskussion als auch die Abschluss-Statements der Podiumsgäste (Karl Weißenbacher, Messerli-Institut, VetMedWien; Iris Schöberl, UniWien, Präsidentin VÖHT; Erik Schmid, Fachtierarzt für Tierhaltung und Tierschutz; Sunny Benett, tierschutzqualifizierte Hundetrainerin und Bloggerin; Christine Arhant, Institut für Tierhaltung und Tierschutz, VetMedWien; Ursula Aigner, tierschutzqualifizierte Hundetrainerin, BMG) auf YouTube zu finden.

 

Podiumsgespräch „TV-Hundetraining-Shows im Lichte des Status quo in Österreich“
Abschluss-Statements „www.trainieren-statt-dominieren.de

Was diese „TV-Hunde-Gurus“ also großflächig ignorieren, ist grundlegendes Wissen über hundliches Verhalten. Hunde sind hochsoziale Säugetiere und keine Reiz-Reaktions-Maschinen, die mittels Pauschalmaßnahme XY zu „behandeln“ sind! Weitere Infos zu diesem Thema findet ihr hier: http://www.welt.de/print/wams/lifestyle/article109247711/Was-Hunde-wirklich-denken.html und http://www.huffingtonpost.de/ursula-aigner/hunde-vermenschlichen-erziehung_b_5205808.html.

Die Folgen derartiger veralteter rangordnungs- und strafbasierter Methoden können „böse enden“ (ZuseherInnen der YouTube-Links wissen inzwischen Genaueres). Folgende Blogeinträge von mir (und viele KollegInnen an anderer Stelle – danke dafür!) erklären auch einiges dazu:

http://canissapiens-hundetraining.blogspot.com/2013/03/aggression-und-red-zone-hunde.html
http://canissapiens-hundetraining.blogspot.com/2012/05/aggression-weshalb-unterordnunggehorsam.html

Daher schließe ich diesen Eintrag mit einem Zitat (denn besser könnte frau es nicht formulieren):

  • „Wer sagt, dass zuverlässiges Verhalten bei diesem oder jenem Hund nicht ohne Strafe erreichbar ist, sagt nichts über den Hund aus, sondern beschreibt erst einmal seine eigenen Fähigkeiten.“
Ute Blaschke-Berthold, www.cumcane.de

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